Gesetzeslage zur Religionsfreiheit und deren faktische Anwendung
Burundis Verfassung von 2018[1] garantiert in Artikel 31 das Recht auf freie Meinungsäußerung, auf Religions-, Gedanken- und Gewissensfreiheit sowie in Artikel 32 das Recht auf Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit. Gemäß Artikel 1 ist Burundi „eine unabhängige, souveräne, säkulare, demokratische und zentralistische Republik, die ihre ethnische und religiöse Vielfalt respektiert“. Alle Staatsbürger von Burundi sind in Bezug auf „ihren Wert und ihre Würde“ gleich und genießen „dieselben Rechte und […] denselben gesetzlichen Schutz“; sie dürfen nicht vom „sozialen, politischen oder wirtschaftlichen Leben aufgrund ihrer Hautfarbe, Sprache, Religion, ihres Geschlechts oder ihrer ethnischen Herkunft ausgeschlossen werden“ (Artikel 13).
Im September 2022 hat die Nationalversammlung eine überarbeitete Version[2] des 2014 erlassenen Gesetzes über Religionen[3] verabschiedet. Religionsgemeinschaften hatten für die Erfüllung der neuen Vorgaben zwei Jahre Zeit (Artikel 70). Dem Gesetz zufolge müssen sich alle Religionsgemeinschaften beim Innenministerium unter Vorlage ihrer Statuten sowie einer Liste mit den Namen und persönlichen Daten ihrer Vorstandsmitglieder registrieren lassen. Erteilt das Ministerium eine Genehmigung, dürfen die Gemeinschaften ihren Aktivitäten frei nachgehen.[4]
Der Gesetzestext schreibt außerdem vor, dass Religionsführer über einen Bachelorabschluss verfügen müssen; er regelt die Finanzierung von Kirchen und setzt den folgenden Mindestabstand zwischen Gebetshäusern fest: 500 Meter in Städten, ein Kilometer im ländlichen Raum. Religiöse Organisationen sind darüber hinaus verpflichtet, jegliche Spenden oder Nachlässe aus dem Ausland beim Innenministerium zu melden.
Viele Religionsführer erachten das Gesetz als eine Einschränkung und weisen darauf hin, dass der gewährte Zeitraum von zwei Jahren unzureichend sei. Außerdem äußerten sie ihre Bedenken über weitere Aspekte des Gesetzes: Abstandsregelungen, die in manchen Gebieten der Hauptstadt Bujumbura nicht durchgesetzt werden; gesetzliche Vorgaben für im Bau befindliche Gotteshäuser, die aufgrund bürokratischer Ineffizienzen zu Verzögerungen führen; sowie die Vorgabe, dass Religionsführer einen Bachelorabschluss vorweisen müssen.[5]
Vorfälle und aktuelle Entwicklungen
Während des Berichtszeitraums hatte besonders der andauernde Konflikt in der Region der Großen Seen negative Auswirkungen auf die Stabilität von Burundi. Besonders hervorzuheben ist hierbei das Wiederaufleben der Rebellengruppe M23 im Osten der Demokratischen Republik Kongo (DRK). Burundi steht hierbei zwar nicht im Fokus des Konflikts, seine Beteiligung in Form entsandter Truppen in die DRK und seine Rolle innerhalb der Ostafrikanischen Regionaltruppe hat die Sicherheitsbedenken allerdings verschärft.
Präsident Évariste Ndayishimiye beschreibt sich selbst als überzeugten Katholiken[6] und erhob seinen politischen Gegnern gegenüber den Vorwurf, ihre Handlungen richteten sich gegen den Willen Gottes. Zudem bezeichnete er diejenigen, die an seiner Vision für das Land zweifeln, als Diener Satans.[7] Während des traditionellen Umuganuro-Festivals im Dezember 2014 leiteten Präsident Ndayishimiye und seine Frau Angéline Ndayubaha eine landesweite Gebetsveranstaltung, in der das Land für das Jahr 2025 geweiht wurde. Die Veranstaltung war Beispiel für die enge Verflechtung von politischer Autorität und religiösem Ausdruck in Burundi.[8]
Im September 2022 beschuldigte der Präsident den damaligen Premierminister Alain-Guillaume Bunyoni, einen Putsch mit dem Ziel seiner Amtsenthebung zu planen. Im April 2023 wurde Bunyoni festgenommen und zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt, weil er den Umsturz des Präsidenten geplant hatte. Bunyoni legte 2024 Berufung gegen seine Verurteilung ein.[9]
Am 4. April 2023 verhaftete die Polizei 61 Mitglieder der World Glory Church of Christ in der Provinz Ngozi. Örtlichen Quellen zufolge befanden sich die Mitglieder zum Gebet in einem Haus in dem Bezirk Kinyami 2 in der Provinzhauptstadt Ngozi. Die Quellen berichteten außerdem, dass die Inhaftierten, darunter 29 Frauen, unter äußerst schlechten Bedingungen in kleinen, überfüllten Zellen festgehalten wurden.[10]
Am 3. Oktober 2023 gründeten die Regierung und die Bischofskonferenz von Burundi gemeinsam eine Kommission mit sechs Unterausschüssen; ein bedeutender Schritt für die Beziehung zwischen Regierung und Kirche.[11] Die Initiative baut auf die Rahmenvereinbarung zwischen der Republik Burundi und der Katholischen Kirche auf,[12] die den rechtlichen Rahmen für ihre Aktivitäten bildet. Die Unterausschüsse befassen sich jeweils mit den wichtigsten Feldern der Zusammenarbeit, darunter Laienvereinigungen, Bildung, Gesundheitswesen, Seelsorge, menschliche Entwicklung und soziale Unterstützung sowie die Rückgabe von kirchlichem Eigentum, das zuvor vom Staat beschlagnahmt wurde. Erzbischof Bonaventure Nahimana, Präsident der Katholischen Bischofskonferenz von Burundi (CECAB), betonte die Bedeutung einer formalen rechtlichen Anerkennung katholischer Laienvereinigungen, die aktiv zu karitativen und apostolischen Tätigkeiten beitragen.[13]
Im November 2023 richtete die Erzdiözese Bujumbura ein Treffen für junge Katholiken aus, um ihnen die Nutzung digitaler Plattformen als eine Form des Apostolats näherzubringen. Die Veranstaltung sollte dazu beitragen, dass junge Menschen effektiv kommunizieren und gleichzeitig die katholischen Werte wahren können. Sie war Teil einer Bewegung mit dem Ziel der Evangelisierung und der Stärkung von Frieden durch die sozialen Medien und anderen Online-Plattformen.[14] Die Bedenken bezüglich Zensur von Inhalten im Internet und der Überwachung durch den Staat bleiben allerdings weiterhin bestehen.[15]
Im Februar 2024 setzten sich die Gemeindevorsteher der Methodistenkirche verstärkt dafür ein, die Kluft zwischen Glaube und Politik zu überwinden. Zu ihren Initiativen gehörte auch der Austausch zwischen Spitzenpolitikern und religiösen Gruppen, um die Einigkeit zu fördern und sicherzustellen, dass auch glaubensbezogene Angelegenheiten im politischen Rahmen berücksichtigt werden. Die Zusammenarbeit wurde als Beitrag zur Förderung des friedlichen Zusammenlebens gelobt, wirft gleichzeitig aber auch Fragen über die Selbstbestimmtheit religiöser Organisationen in einem Umfeld auf, in dem politische Spannungen häufig Einfluss auf die freie Meinungsäußerung haben.[16]
Am 15. April 2024 richtete sich die Katholische Bischofskonferenz von Burundi anlässlich der im Mai 2025 angesetzten Wahlen mit einer kritischen Erklärung an die Regierung.[17] In der Erklärung, die in Kirchen im ganzen Land verlesen wurde, warnte die Bischofskonferenz vor autoritären Tendenzen und prangerte die politische Einflussnahme auf die Justiz, die außergerichtlichen Hinrichtungen, das Verschwindenlassen von Personen und die zunehmende Armut an. Darüber hinaus plädierte sie für politischen Pluralismus, fairen Wettbewerb und freien Zugang zu den Medien. Die Bischöfe verurteilten außerdem politisch motivierte Morde und Korruption scharf und äußerten ihre Kritik darüber, dass Stellen im öffentlichen Dienst auf der Grundlage von Parteizugehörigkeit und Bestechungen besetzt werden. Ihre Nachricht diente als deutliche Warnung vor der Abkehr von der Demokratie und als Appell für mehr Rechenschaftspflicht und Teilhabe in der Regierungsführung.[18]
Im Juli 2024 sollten in ganz Burundi fast 90 katholische Priester geweiht werden; ein Zeichen für den großen Einfluss der Kirche. Dieser Anstieg der Zahl einheimischer Berufungen steht im deutlichen Gegensatz zu den 1960er Jahren, in denen einheimische Priester die Ausnahme darstellten. Diese Entwicklung zeigt, dass die Kirche in der Gesellschaft Burundis eine Schlüsselrolle als moralischer Kompass, geistlicher Ratgeber und Vermittler staatsbürgerlicher Bildung eingenommen hat, insbesondere in turbulenten Zeiten.[19]
Der Besuch von Bischof Anthony Poggo, Generalsekretär der Anglikanischen Kirchengemeinschaft, im September 2024 war ein positiver Beitrag zur interkonfessionellen Zusammenarbeit. Dabei lobte er die Widerstandskraft der Anglikanischen Kirche von Burundi in ihrem Kampf gegen Herausforderungen wie Armut und gesellschaftliche Ungleichheit, die beide oft im Zusammenhang mit religiöser Diskriminierung stehen. Sein Besuch untermauerte die Bedeutung von Religionsfreiheit und gegenseitiger Unterstützung im Einsatz für mehr gesellschaftliche Harmonie.[20]
Obwohl Burundi überwiegend christlich geprägt ist, gibt es im Land auch eine muslimische Minderheit, die zum Großteil aus Sunniten besteht und vor allem in städtischen Regionen vertreten ist.[21] Am 23. Dezember 2024 lobte der Großmufti von Uganda, Scheich Shaban Ramadhan Mubaje, die muslimische Gemeinschaft von Burundi für den reibungslosen Führungswechsel durch die Ernennung von Scheich Salum Nayabagabo als neuen Mufti von Burundi. In seiner Botschaft, die durch den stellvertretenden Mufti von Uganda, Scheich Muhammad Ali Waiswa, überbracht wurde, ging Scheich Mubaje auf die Einheit und Loyalität innerhalb der Gemeinschaft ein, die sich auch in der regen Teilnahme der Mitglieder an der Versammlung im Nationalstadion Gitega zeigte. Als Vertreter der burundischen Regierung war Révérien Ndikuriyo vor Ort. Er lobte die muslimische Gemeinschaft für ihren Einsatz und bekräftigte die Unterstützung des neuen Vorstands vonseiten der Regierung.[22]
Am 28. Dezember 2024 nahmen Präsident Ndayishimiye und seine Frau am nationalen Dankgebet in Bujumbura teil. Geleitet wurde der Gottesdienst vom katholischen Erzbischof von Bujumbura, Mgr. Gervais Banshimiyubusa.[23]
Perspektiven für die Religionsfreiheit
Die Bedenken in Burundi, besonders hinsichtlich der autoritären Politik im Land, bestehen weiterhin. Diese zielt zwar nicht direkt auf die Religionsfreiheit ab, hat aber dennoch weitrechenden Einfluss auf die Menschenrechte. Trotz des in der Verfassung verankerten Schutzes wurde der religiöse Diskurs durch staatliche Stellen zunehmend politisiert und die Kontrolle religiöser Organisationen – insbesondere solcher, die der Regierung kritisch gegenüberstehen – verschärft. Dadurch wird ihre Selbstbestimmtheit eingeschränkt, vor allem in ihren humanitären und friedensfördernden Bemühungen im Zusammenhang mit der regionalen Krisensituation.
Auch das 2022 erlassene Gesetz über Religionsgemeinschaften bleibt ein Grund zur Sorge, insbesondere im Hinblick auf mögliche Auswirkungen auf die Ausübung des Rechts auf Religionsfreiheit und den Umfang der Einflussnahme durch die Regierung. Trotz dieser Herausforderungen gibt es unter der jungen Bevölkerung eine Evangelisierungsoffensive. Gleichzeitig trägt der interreligiöse Dialog zur Einheit des Landes bei. Die muslimische Gemeinschaft steht nun unter neuer Führung, die den Schwerpunkt ebenfalls auf die Einheit legt. Die Aussichten für die Religionsfreiheit bleiben unverändert.
Quellen