Gesetzeslage zur Religionsfreiheit und deren faktische Anwendung
Gemäß der Verfassung aus dem Jahr 2006 ist die Demokratische Republik Kongo (DR Kongo) ein säkularer Staat (Art. 1), der die Meinungsvielfalt respektiert (Art. 24). Jegliche Form von Diskriminierung aufgrund der ethnischen Abstammung, der Religionszugehörigkeit oder der persönlichen Ansichten ist verboten (Art. 13). Ein jeder hat das Recht, seine Religion im öffentlichen wie im privaten Raum frei zu bekunden (Art. 22).[1]
Religionsgemeinschaften haben die Freiheit, Gotteshäuser zu errichten und sich im In- und Ausland Mittel zur Finanzierung ihrer Arbeit zu beschaffen. Darüber hinaus steht es allen Glaubensgemeinschaften vollkommen frei, Menschen zu missionieren; dazu gehört auch die religiöse Unterweisung von Kindern. Manche Prediger gehen ihrer missionarischen Tätigkeit sogar auf Marktplätzen, an Straßenkreuzungen und in öffentlichen Bussen nach.
Religionsunterricht ist in den Schulen der DR Kongo fester Bestandteil des offiziellen Lehrplans. In der Verfassung heißt es dazu in Artikel 45: „Die staatlichen Bildungseinrichtungen gewährleisten in Zusammenarbeit mit den religiösen Instanzen für minderjährige Schüler, deren Eltern dies fordern, eine ihren religiösen Überzeugungen entsprechende Bildung.“ In Artikel 74 der Verfassung wird Gott ausdrücklich erwähnt: Der gewählte Präsident des Landes muss seinen Amtseid mit den Worten „Ich […] schwöre feierlich vor Gott und der Nation” ablegen.[2]
Im Jahr 1977 schloss die Regierung der Republik Zaire (wie das Land damals hieß) mit der Katholischen Kirche, der Evangelischen Kirche, der Kimbanguistenkirche und der Islamischen Gemeinschaft die Convention scolaire (Schulvereinbarung).[3] Im Jahr 2016 unterzeichnete die DR Kongo ein Rahmenabkommen mit dem Heiligen Stuhl über Angelegenheiten von gemeinsamen Interesse; darunter fallen u. a. Einrichtungen des katholischen Bildungswesens; Religionsunterricht in den Schulen; soziale und karitative Aktivitäten der Kirche; Seelsorge in Justizvollzugsanstalten, Krankenhäusern und der Armee; Regelungen der Grundsteuer; sowie die Erlangung von Einreisevisa und Aufenthaltsgenehmigungen für ausländische Mitarbeiter.[4]
In der DR Kongo fungieren zahlreiche Religionsgemeinschaften als Träger verschiedenster Institutionen: Schulen, Gesundheitszentren und Waisenhäuser gehören ebenso dazu wie Medienbetriebe. So sind zum Beispiel die meisten Fernseh- und Radiosender in der Hauptstadt Kinshasa in kirchlicher Hand.
Obwohl das Staatswesen säkular ist, spielen die Conférence épiscopale nationale du Congo (CENCO; Nationale Bischofskonferenz des Kongo) und der Conseil œcuménique des Eglises (COE; Ökumenischer Rat der Kirchen) eine wichtige Rolle in politischen Belangen[5] und haben ein besonderes Augenmerk auf die Bereiche Soziales, Bildung und Wirtschaft.
Im März 2023 erließ Präsident Félix Antoine Tshisekedi die gesetzesvertretende Verordnung Nr. 23/009, die später vom Parlament ratifiziert wurde und an die Stelle des repressiven Pressegesetzes von 1996 trat. Die Verordnung bietet einen zeitgemäßeren Rahmen für die Pressefreiheit, schafft Pressedelikte jedoch nicht gänzlich ab und ermöglicht daher weiterhin die strafrechtliche Verfolgung von Journalisten. Darüber hinaus wird mit dem neuen Gesetz das Konzept der „bösen Absicht“ eingeführt. Dadurch kann die Verbreitung „falscher Informationen und Behauptungen“, die die öffentliche Ordnung stören, bestraft werden, vor allem wenn sich diese auf die Streitkräfte oder die staatlichen Organe beziehen. Durch derart vage Formulierungen wird den Behörden ein großer Ermessensspielraum bei der Auslegung und Durchsetzung der Verordnung eingeräumt.[6]
Am 13. März 2024 gab das Justizministerium der DR Kongo offiziell die Entscheidung der Regierung bekannt, das Moratorium für die Todesstrafe aufzuheben, welches offiziell im Jahr 2000 eingeführt wurde, aber erst 2003 in Kraft trat. Die Todesstrafe kann nunmehr bei Straftaten wie Hochverrat, Terrorismus, Spionage, Kriegsverbrechen, Rebellion und der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung wieder vollstreckt werden. Die Regierung begründete die Entscheidung mit der Notwendigkeit, „Verräter“ in den Reihen des Militärs zu eliminieren und städtischen Terrorismus zu bekämpfen.[7] Anfang Januar 2025 lagen Berichte vor, denen zufolge bereits mindestens 170 Personen in andere Gefängnisse verlegt wurden, wo sie eine Hinrichtung erwartet.[8]
Im Juli 2024 teilte das Justizministerium mit, dass innerhalb eines Umkreises von 500 Metern um eine bestehende Kirche keine neuen Gotteshäuser mehr gebaut werden dürften. Die neue Regelung ist weithin als Versuch gedeutet worden, die Ausbreitung charismatischer und pfingstlerischer Gemeinden einzudämmen.[9]
Vorfälle und aktuelle Entwicklungen
Die DR Kongo gehört nach wie vor zu den ärmsten Ländern der Welt. Obwohl der Staat über immensen Reichtum an natürlichen Ressourcen verfügt, leben über 62 % der Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze.[10] Korruption, Misswirtschaft und langwierige Konflikte untergraben die Regierungsführung und beeinträchtigen die Entwicklung.
Mit fünfmonatiger Verzögerung seit der Wiederwahl von Präsident Félix Tshisedeki im Dezember 2023 wurde im Mai 2024 eine neue Regierung gebildet. Die Ernennung des 54-köpfigen Kabinetts erfolgte zehn Tage, nachdem ein Putschversuch vereitelt wurde, was der Regierungsbildung zusätzliche Dringlichkeit verliehen hatte.[11]
Tshisekedi steht unter anderem dafür in der Kritik, dass es ihm nicht gelungen ist, den gewaltigen Reichtum an Bodenschätzen (darunter Kobalt und Coltan), deren Wert auf rund 24 Billionen US-Dollar (ca. 20 Bio. Euro) geschätzt wird, wirkungsvoll für sein Land zu nutzen. Trotz beträchtlicher Einnahmen, die in die Staatskasse fließen, ist Armut in der Bevölkerung nach wie vor weit verbreitet – in der Liste der Weltbank rangiert die DR Kongo unter den fünf ärmsten Ländern der Erde. Der Reichtum des Landes wird weiterhin abgesaugt; erschwerend kommt der Konflikt im Osten des Landes hinzu, der seit beinahe drei Jahrzehnten andauert und seine Wurzeln im Völkermord in Ruanda hat.[12]
Seit Beginn des Jahres 2023 hat sich die Sicherheitslage in der DR Kongo maßgeblich verschlechtert. Vor allem die östlichen Landesteile sind betroffen. Hier wetteifern mehr als 120 bewaffnete Gruppen darum, sich die Kontrolle über die Bodenschatzvorkommen zu sichern.[13] Unter ihnen ist die Mouvement du 23 Mars (M23; Bewegung des 23. März), eine von Tutsi-Rebellen geführte und von Ruanda unterstützte paramilitärische Gruppe. Sie startete einige groß angelegte Offensiven, die eine massive Vertreibung der Zivilbevölkerung in den Provinzen Nord- und Süd-Kivu zur Folge hatten. Ihre Operationen finanziert die M23 über den illegalen Abbau von Mineralien wie Kobalt.[14] Im Jahr 2024 war die DR Kongo neben Syrien das am stärksten von Aktivitäten des sogenannten Islamischen Staats (IS) betroffene Land in Bezug auf die Zahl der Todesopfer. Seitdem hat sich der allgemeine Konflikt in der DR Kongo weiter verschärft, und mit dem IS verbundene Gruppierungen wie die ADF tragen erheblich dazu bei, dass die Vertreibung der Bevölkerung immer größere Ausmaße annimmt.[15]
Unter den zahlreichen Gruppen, die sich einen erbitterten Kampf um die Kontrolle der Gebiete mit reichen Bodenschatzvorkommen liefern, ist auch die islamistische Miliz Allied Democratic Forces (ADF; Alliierte Demokratische Kräfte), die ihren Ursprung in Uganda hat und dem IS im Jahr 2017 die Treue geschworen hat. Seit 2019 bezeichnet der IS die ADF als Regionalableger „Islamischer Staat – Provinz Zentralafrika“.[16] Eine Studie aus dem Jahr 2024 zeigt, dass die ADF in dem Jahr diejenige bewaffnete Gruppe im Osten der DR Kongo war, auf deren Konto die meisten Opfer gingen: Sie war für 52 % der Todesopfer in der Zivilbevölkerung verantwortlich.[17] Seit sich die ADF dem IS angeschlossen hat, hat sie ihre Angriffe auf die kongolesischen Sicherheitskräfte ebenso wie auf Zivilisten verstärkt. Trotz andauernder Militäreinsätze zur Bekämpfung der ADF stellt sie weiterhin eine große Bedrohung für die nationale Sicherheit dar.[18]
Obgleich die Gewalt in der DR Kongo zu großen Teilen nicht religiös motiviert ist, sind die fortwährende Instabilität des Landes, der bewaffnete Konflikt und die gravierende humanitäre Krise folgenschwer für die Religionsfreiheit.[19] In Gebieten, die von dem Konflikt besonders betroffen sind, ist das religiöse Leben Störungen ausgesetzt. Gottesdienste sind nur eingeschränkt möglich, und religiöse Minderheiten und deren Repräsentanten sind zunehmend gefährdet. Hinzu kommen Übergriffe, die eindeutig religiös motiviert sind: Vor allem im Osten des Landes stellen Anschläge durch militante islamistische Gruppen, die gezielt gegen Kirchen und religiöse Zusammenkünfte gerichtet sind, die Christen vor immense Herausforderungen.[20]
Die Zahl der im Berichtszeitraum dokumentierten Vorfälle ist zu groß, um eine annähernd vollständige Liste erstellen zu können. Im Folgenden findet sich eine Auswahl besonders bedeutsamer Ereignisse.[21]
Im Januar 2023 verübten ADF-Kämpfer einen Bombenanschlag auf einen Gottesdienst in Kasindi[22] (Provinz Nord-Kivu). Dabei kamen 14 Christen ums Leben, 63 weitere wurden verletzt. Der Anschlag war Teil einer größer angelegten Gewaltoffensive gegen die christliche Gemeinschaft in der Region. Im März 2023 töteten ADF-Kämpfer im Osten der DR Kongo innerhalb von zwei Wochen insgesamt 72 Christen und zwangen Tausende zur Flucht. Allein bei einem dieser Angriffe wurden 31 Menschen – überwiegend Frauen und Kinder – brutal ermordet.[23]
Zwischen dem 31. Juli und dem 14. August 2023 beging die ADF eine Reihe von Überfällen auf Dörfer in den Provinzen Ituri und Nord-Kivu, die insgesamt 55 zivile Todesopfer forderten. Einer dieser Vorfälle ereignete sich in Batangi-Mbau im Territorium Beni; dort wurden in einer einzigen Nacht 19 Menschen ermordet.[24] In der Nacht vom 23. auf den 24. Oktober stürmten ADF-Mitglieder in Oicha (Provinz Nord-Kivu) das christliche Stadtviertel Masosi und töteten 26 Menschen, darunter mindestens 12 Kinder. Die Angreifer setzen außerdem zwölf Häuser in Brand und plünderten mehrere Geschäfte. Ein junger Gemeindeleiter berichtete, der fast eine Stunde andauernde Kugelhagel habe klar darauf schließen lassen, dass es sich nicht um einen gewöhnlichen Raubüberfall handelte; daraufhin hätten viele Bewohner in Panik und aus Furcht um ihr Leben die Flucht ergriffen.[25]
Mitte November 2023 ereignete sich ein weiterer brutaler Überfall der ADF auf ein Dorf im Territorium Beni im Osten der DR Kongo. Die Milizionäre fesselten mindestens 19 Dorfbewohner und töteten sie anschließend mit Macheten und anderen Waffen. Auch in diesem Fall brach Panik unter den Menschen aus, die die Flucht ergriffen.[26]
Im Dezember 2023 wurde Pater Léopold Feyen in seinem Haus in der Gemeinde Masina (nahe Kinshasa) überfallen. Die Angreifer drangen in sein Schlafzimmer ein, wo sie den 82-jährigen Salesianerpriester brutal erstachen. Pater Léopold war rund 40 Jahre in der DR Kongo als Missionar tätig und leitete Jugendprogramme. Selbst im hohen Alter unterstützte er trotz gesundheitlicher Probleme noch Schulen und weitere Initiativen in seiner Gemeinde, wo er liebevoll „Kóko Pol“ genannt wurde.[27]
Laut einem Bericht des Middle East Media Research Institute (MEMRI) – einer Organisation für Medienbeobachtung mit Sitz in den USA – wurden in der ersten Hälfte des Jahres 2024 in fünf afrikanischen Staaten (DR Kongo, Mosambik, Nigeria, Kamerun und Mali) 698 Christen von Anhängern des IS getötet. 92 % dieser Morde ereigneten sich in der DR Kongo.[28]
Am 30. Januar 2024 überfielen ADF-Kämpfer im Territorium Beni eine Pfingstkirche der Branhamisten und töteten fünf Menschen mit Macheten. 30 weitere Personen wurden von den Angreifern entführt und als Geiseln genommen.[29]
Im Februar 2024 stürmten Milizionäre in dem Dorf Manzia einen Gottesdienst und ermordeten mindestens 15 Christen, darunter den Pastor Alphonse Mumbere. Seine Familie überlebte den Anschlag.[30] Im selben Monat überfielen ADF-Kämpfer eine weitere Kirche in Bayeti. Sie verschleppten den Pastor und seine Frau und töteten fünf Menschen, darunter die Kinder des Ehepaares.
Im Mai 2024 verurteilte Papst Franziskus die Ermordung von 14 Katholiken in der DR Kongo,[31] die Berichten zufolge getötet wurden, weil sie sich weigerten, zum Islam überzutreten. Unter den Opfern waren auch mehrere junge Menschen. Für die Tat war die mit dem IS verbundene ADF verantwortlich. Der Heilige Vater würdigte die Opfer in einer öffentlichen Ansprache als Märtyrer und dankte Gott für das Zeugnis, das diese Katholiken aus Nord-Kivu abzulegen bereit waren.[32]
Zwischen dem 4. und 7. Juni 2024 verübten mutmaßliche ADF-Kämpfer eine Reihe von koordinierten Anschlägen auf Dörfer im Territorium Beni in Nord-Kivu. Dabei wurden durch Enthauptungen, Schüsse und Brandstiftung zwischen 42 und 57 Zivilisten getötet. Die Anschläge ereigneten sich im Kontext einer generellen Eskalation der Gewalt, die bis Mitte Juni etwa 150 Todesopfer forderte.[33]
Auch am 8. Juni 2024 wurde eine nächtliche Anschlagswelle im Territorium Beni gemeldet, von der mehrere Dörfer betroffen waren. Mutmaßliche IS-Rebellen, wahrscheinlich Mitglieder der ADF, töteten mindestens 38 Zivilisten mit Schusswaffen und Macheten. Einheimischen Beamten und Vertretern der Zivilgesellschaft zufolge machten sich die Angreifer Lücken im Sicherheitsgefüge zunutze und konnten daher in mehreren über das Gebiet verstreuten Gemeinden zuschlagen, ohne auf Gegenwehr zu treffen.[34]
Infolge dieser Anschläge wandte sich Bischof Melchisédec Sikuli Paluku von der Diözese Butembo-Beni mit einem eindringlichen Appell an die staatlichen Behörden und forderte ein Ende der Leiden des kongolesischen Volkes. In seiner Erklärung verurteilte er die brutalen Massaker und systematischen Übergriffe der mit dem IS verbundenen ADF in Nord-Kivu aufs Schärfste. In Anbetracht der anhaltenden Not in der Region forderte er die Regierung nachdrücklich auf, konkrete Maßnahmen zu ergreifen, um in seiner Diözese die Sicherheit wiederherzustellen und der Bevölkerung ihre Würde zurückzugeben.[35]
Am 24. Juli 2024 wurden im Bezirk Batangi-Mbau (Territorium Beni, Nord-Kivu) die sterblichen Überreste von über 30 Personen aufgefunden, nachdem die ADF dort einen brutalen Anschlag auf eine christliche Gemeinde verübt hatte. Viele der Opfer waren enthauptet worden.[36]
Die Anschläge setzten sich auch über den Berichtszeitraum hinaus fort. Im Januar 2025 nahm die von Ruanda unterstützte Rebellengruppe M23 Goma (die Provinzhauptstadt von Nord-Kivu und größte Stadt im Osten der DR Kongo) ein. Dabei wurden 2.000 Menschen getötet, 2.000 weitere verletzt und es gab zahlreiche Fälle von sexueller Gewalt.[37] Nachdem die Friedenstruppen der Vereinten Nationen (MONUSCO) ihren Einsatz in Süd-Kivu im Juni 2024 beendeten,[38] fiel auch die dortige Provinzhauptstadt Bukavu im Januar 2025 in die Hände der M23-Rebellen.[39]
Zwischen dem 12. und 15. Februar 2025 wurden in dem Dorf Maiba (nahe Lubero in Nord-Kivu) über 70 Menschen ermordet; ihre Leichen wurden am 15. Februar in einer protestantischen Kirche entdeckt. Die Opfer – unter ihnen Frauen, Kinder und ältere Menschen – waren Berichten zufolge gefesselt und anschließend enthauptet worden. Am 12. Februar hatten mutmaßliche ADF-Kämpfer in Maiba rund 100 Menschen als Geiseln genommen, von denen die meisten in dem Kirchengebäude hingerichtet wurden.[40]
Die Katholische Kirche und zivilgesellschaftliche Organisationen spielen in der DR Kongo seit Langem eine entscheidende Rolle, wenn es darum geht, politischen Missbrauch und soziale Ungerechtigkeit anzuprangern und gleichzeitig Bemühungen im Bildungs- und Gesundheitswesen sowie in der Friedensförderung zu unterstützen. Im gesamten Berichtszeitraum hat die Katholische Kirche immer wieder Stellung bezogen und die unablässige Gewalt in der DR Kongo verurteilt.[41]
Erstmals seit 1985 empfing die DR Kongo im Januar 2023 mit Franziskus wieder einen Papst. Im Rahmen seines Besuchs verurteilte der Heilige Vater die Ausbeutung der Bodenschätze durch internationale Akteure. „Hände weg von der Demokratischen Republik Kongo“, so seine Worte. „Hört auf, Afrika zu ersticken. Es ist kein Bergwerk, das zur Ausbeutung, und kein Boden, der zur Plünderung freigegeben ist.“[42]
Am 16. Juni 2023 veröffentlichten die katholischen Bischöfe der Kirchenprovinz Bukavu, zu der auch die Städte Goma und Butembo-Beni gehören, einen eindringlichen Appell mit dem Titel „Möge die Regierung ihre Verantwortung wahrnehmen“. In ihrer gemeinsamen Erklärung thematisierten die Bischöfe die sich zuspitzende Krise im Osten der DR Kongo und verurteilten das Versagen des Staates, seine Bürger zu schützen. So prangerten die Prälaten das Unvermögen der Regierung an, der Gewalt der bewaffneten Milizen Einhalt zu gebieten, die sich ganzer Landstriche mit reichen Bodenschatzvorkommen bemächtigt und den Konflikt durch ihre Strategie des Terrors neu entfacht hätten. Sie beschrieben auch, wie diese Gruppen die Seelsorge störten und selbst in Gebieten, die eigentlich unter militärischem Schutz stehen sollten, Zivilisten niedermetzelten. Des Weiteren warfen die Bischöfe der Regierung vor, sich von ausländischen Mächten mit unklarem Mandat abhängig zu machen, und forderten sie auf, volle Verantwortung für den Schutz der Bevölkerung zu übernehmen.[43]
Im Oktober 2023 arbeiteten die Bischöfe der Association des conférences épiscopales de l'Afrique centrale (ACEAC; Vereinigung der Bischofskonferenzen Zentralafrikas) einen „Pastoralplan für den Frieden“ aus, der im Januar und Februar 2024 in Goma offiziell vorgestellt wurde. Bischof Moko forderte die politische Führung sowohl in der Region der Großen Seen als auch in ganz Afrika und die internationale Gemeinschaft auf, mit vereinten Kräften eine Lösung für die Krise in Goma zu finden.[44]
Im August 2024 veröffentlichte die CENCO eine Erklärung, in der sie die Regierungen der DR Kongo und Ruandas nachdrücklich aufforderte, das kurz zuvor unterzeichnete Waffenstillstandsabkommen zu respektieren, mit dem eine Stabilisierung des östlichen Kongos erreicht werden soll. Dabei betonte sie das Ausmaß der humanitären Krise, die von der Gewalt verursacht wurde und mittlerweile zur Vertreibung von mehr als 5,5 Millionen Menschen geführt hat. Darüber hinaus rief sie die internationale Gemeinschaft auf, der Lage in der DR Kongo die gleiche Priorität einzuräumen wie anderen globalen Konflikten (z. B. denjenigen in der Ukraine und im Nahen Osten).[45]
Die öffentlichen Stellungnahmen der Bischofskonferenzen veranlassten einige Regierungsmitglieder dazu, ihrerseits das Episkopat zu kritisieren – allen voran der stellvertretende Premierminister Jean-Pierre Bemba. Dieser nutzte am 4. Dezember 2024 ein Interview beim Radiosender Top Congo FM, um Mitgliedern des Klerus – die er als „Politiker in Gewändern“ bezeichnete – vorzuwerfen, dass sie hasserfüllte Reden gegen die Regierung hielten. Des Weiteren behauptete er, dass Präsident Tshisekedi jede der 47 katholischen Diözesen mit einer Million US-Dollar zur Nutzung für wohltätige Zwecke und Entwicklungsprojekte bedacht hätte und unterstellte der Kirche Misswirtschaft und Veruntreuung dieser Gelder. Die katholische Bischofskonferenz CENCO veröffentlichte daraufhin eine Erklärung, in der sie Bembas Bemerkungen als „erstaunlich, unhöflich und bedrohlich“ bezeichnete.[46] Sie stellte zudem klar, dass jede Diözese die Summe von 600.000 US-Dollar (in zwei Teilzahlungen) erhalten habe, und versicherte, dass die Mittel in soziale Projekte geflossen und Berichte über alle Ausgaben ordnungsgemäß an den Staatschef übermittelt worden seien.[47]
Im Januar 2025 stellten die CENCO und die Église du Christ au Congo (ECC; Kirche Christi im Kongo) – ein Zusammenschluss von 62 protestantischen Kirchen – einen gemeinsamen Friedensfahrplan mit dem Titel „Sozialer Pakt für den Frieden und das Zusammenleben in der DR Kongo und der Region der Großen Seen“ vor. Bei der Regierung stieß diese Initiative – vor allem der Vorschlag, direkte Gespräche mit der M23 aufzunehmen – auf heftigen Widerstand. Im Februar 2025 bezichtigten Verbündete der Regierung Vertreter der CENCO und der CEE, die sich mit Anführern der Rebellengruppe in Goma getroffen hatten, des Verrats. Wenig später beschlagnahmten die Behörden vorübergehend den Reisepass des Generalsekretärs der CENCO, was einen Aufschrei ihres Vorsitzenden, des Erzbischofs Fugence Muteba, zur Folge hatte.[48]
Im Februar 2025 warnte die CENCO vor Pastoren, die ihre Kirchen als Plattform nutzen, um zu „Diskriminierung, Hass und Gewalt gegen andere kongolesische Männer und Frauen aufgrund ihrer Herkunft, Sprache oder Gestalt“ aufzustacheln. Menschen sollten sich nicht von Pastoren in die Irre führen lassen, die unter dem Deckmantel des Patriotismus „Jagd auf Swahili-Sprecher“ predigten, so die Bischöfe in ihrer Stellungnahme.[49]
Im Juni 2025 unterzeichneten die DR Kongo und Ruanda ein Friedensabkommen in Washington.[50] Einige Wochen später unterzeichnete die M23 in Katar eine Waffenstillstandsvereinbarung mit der Regierung der DR Kongo. Darin verpflichtete sich die Rebellengruppe jedoch nicht zum Rückzug aus den von ihr besetzten Gebieten.[51]
Perspektiven für die Religionsfreiheit
Die Demokratische Republik Kongo wird trotz ihres beachtlichen Reichtums an Bodenschätzen weiterhin von extremer Armut, chronischer Unsicherheit und systemischer Korruption gebeutelt. Darüber hinaus geht der bewaffnete Konflikt – der von zahlreichen Rebellengruppen, darunter islamistische Milizen, geschürt wird – mit schwerwiegenden Verletzungen grundlegender Menschenrechte, einschließlich der Religionsfreiheit, einher.
Derzeit durchlebt die DR Kongo eine der weltweit gravierendsten humanitären Krisen. Über 25 Millionen Menschen sind auf humanitäre Hilfe angewiesen,[52] und die Zahl der Binnenvertriebenen übersteigt mittlerweile sieben Millionen.[53] Andauernde Gewalt, sexuelle Übergriffe und Ausbeutung, Ernährungsunsicherheit, Epidemien sowie der Zusammenbruch wesentlicher öffentlicher Dienstleistungen haben vor allem in den Provinzen im Osten des Landes katastrophale Zustände hervorgebracht.[54] Die Streitkräfte der Demokratischen Republik Kongo (FARDC) sind aufgrund ihrer Schwäche gegenüber der M23 Bündnisse mit verschiedenen Milizen eingegangen, was zwar eine taktische Wende bedeutet, jedoch auch ernsthafte Bedenken im Hinblick auf die Verantwortlichkeit der Regierung, die Sicherheit der Zivilbevölkerung und die Zukunft friedensfördernder Maßnahmen in der Region aufkommen lässt.[55]
Unter den gegebenen Umständen wird die Religionsfreiheit im ganzen Land erheblich untergraben. Zusätzlich zur allgemeinen Instabilität haben islamistische Milizionäre der ADF im Berichtszeitraum brutale Massaker verübt, die sich gezielt gegen christliche Gemeinschaften richteten und mit Morden, Entführungen und der Zerstörung von Gotteshäusern einhergingen. Da die Gewalt andauert und staatlicher Schutz in vielen Gebieten nur schwach ausgeprägt oder gar nicht vorhanden ist, zeichnen sich für die Religionsfreiheit in der Demokratischen Republik Kongo derzeit ausgesprochen düstere Perspektiven ab.
Quellen