MOSAMBIK
Gesetzeslage zur Religionsfreiheit und deren faktische Anwendung
Mosambik ist gemäß Artikel 12, Absatz 1 und 2 der Verfassung[1] von 2004 ein säkularer Staat, der die Trennung von Staat und Religion wahrt. Laut Artikel 292c der Verfassung ist dieser Grundsatz unantastbar. Artikel 12, Absatz 3 der Verfassung sichert Glaubensgemeinschaften Kultusfreiheit zu, soweit sie sich an geltendes Recht halten. Gemäß Artikel 54, Absatz 3 dürfen sie ungehindert ihre religiösen Ziele verfolgen und für die Umsetzung ihrer Ziele Vermögen besitzen und erwerben. Der Staat „anerkennt und achtet die Aktivitäten der Glaubensgemeinschaften, um ein Klima des gegenseitigen Verständnisses, der Toleranz und des Friedens zu fördern, um die nationale Einheit zu stärken und um das materielle und geistliche Wohl der Bürger sowie die wirtschaftliche und soziale Entwicklung zu fördern“ (Artikel 12, Absatz 4).
Laut Artikel 35 der Verfassung sind alle Bürger vor dem Gesetz gleich. Unabhängig von ihrer Religion haben sie alle dieselben Rechte. Artikel 54, Absatz 2 untersagt es, Personen aufgrund ihres Glaubens oder ihrer religiösen Überzeugungen oder ihrer Glaubensausübung zu diskriminieren, zu verfolgen, zu benachteiligen oder zu bevorzugen. Jeder Bürger kann laut Artikel 54, Absatz 1 frei entscheiden, ob er einen Glauben ausüben möchte oder nicht. Das Recht auf Religionsfreiheit kann auch im Belagerungszustand oder im Falle eines nationalen Notstands nicht eingeschränkt werden (Artikel 286). Jeder hat gemäß Artikel 54, Absatz 5 das Recht, den Militärdienst aus Gewissensgründen zu verweigern. Niemand darf aufgrund seiner Religion vom Staatsdienst ausgeschlossen werden (Artikel 251, Absatz 1). Personenbezogene Daten bezüglich der weltanschaulichen oder religiösen Überzeugungen sind laut Artikel 71, Absatz 1 besonders zu schützen. In nicht anonymisierter Form dürfen sie nicht mittels Informationstechnik aufgezeichnet und verarbeitet werden. Die Namen von politischen Parteien dürfen keinen direkten Bezug zu einer bestimmten Glaubensrichtung oder Kirche haben, und Parteien dürfen keine Symbole verwenden, die mit nationalen oder religiösen Symbolen verwechselt werden könnten (Artikel 76). Berufsverbände und Gewerkschaften müssen ihre Unabhängigkeit von Kirchen oder Glaubensrichtungen wahren (Artikel 86, Absatz 3). Artikel 39 verlangt strafrechtliche Vorschriften zur Verhinderung von jeglichen Handlungen, die die nationale Einheit gefährden, den sozialen Frieden stören oder dazu führen, dass Personen unter anderem aufgrund ihres Glaubens bevorzugt oder benachteiligt werden. Artikel 54, Absatz 3 gewährleistet den Schutz von Kult- und Gebetsstätten. Der Unterricht an öffentlichen Schulen darf keinen bestimmten religiösen oder weltanschaulichen Leitlinien folgen (Artikel 113, Absatz 5). Die zivilrechtliche Wirkung religiöser Eheschließungen und ihre amtliche Registrierung sind gesetzlich geregelt (Artikel 119, Absatz 4). Nichtregierungsorganisationen, auch die in der Trägerschaft von Glaubensgemeinschaften, müssen sich beim Justizministerium registrieren lassen.[2]
Die Bevölkerung von Mosambik ist mehrheitlich christlich: 5,7 Mio. Menschen bekennen sich zur Katholischen Kirche, weitere 2,5 Mio. Menschen sind Protestanten. Dazu hat das Land eine große muslimische Gemeinschaft von etwa 3,6 Mio. Menschen (vorrangig Sunniten). In den nördlichen Provinzen Niassa (61 %) und Cabo Delgado (54 %) machen Muslime die Mehrheit der Bevölkerung aus. Gleiches gilt für die Küstenregionen.[3] Der Süden Mosambiks und die größeren Städte sind christlich geprägt. Die aus Brasilien stammende neupfingstliche Universalkirche des Königreichs Gottes hat sich schnell im Land ausgebreitet.[4] 3,1 Millionen Mosambikaner gehören zionistischen Kirchen an. Auch traditionelle afrikanische Religionen sind stark vertreten, vor allem im ländlichen Raum. In der Provinz Cabo Delgado, wo sich die meisten dschihadistischen Angriffe ereignet haben, machen Katholiken etwa 36 % der Bevölkerung aus, hinzu kommen kleinere protestantische und zionistische Gemeinschaften.[5]
Die auf Kooperation, Unabhängigkeit und Autonomie basierenden Beziehungen zwischen der Republik Mosambik und dem Heiligen Stuhl sind in einem 2011 unterzeichneten Abkommen[6] geregelt. Darin erkennt der Staat die Katholische Kirche in Mosambik als Rechtspersönlichkeit an und gewährt ihr das Recht, ihrem apostolischen Auftrag nachzugehen. Er sichert ihr auch das Recht zu, im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften und ethischen Grundsätze des Landes entweder selbst oder über ihre Institutionen öffentlich tätig zu werden (Artikel 5, Absatz 1). Das beinhaltet auch das Recht, in ihren Bildungseinrichtungen sowie in ihren medizinischen und sozialen Einrichtungen seelsorgliche, geistliche, erzieherische und Bildungsaufgaben wahrzunehmen (Artikel 12). Katholische Eheschließungen werden gemäß Artikel 14, Absatz 3 des Konkordats durch ihre amtliche Registrierung rechtswirksam. Das Beichtgeheimnis ist unantastbar. Dies gilt auch für das Zeugnisverweigerungsrecht gegenüber staatlichen Stellen und für den Schutz der Kirchenarchive (Artikel 10). Die Katholische Kirche hat das Recht, eigene Bildungseinrichtungen zu betreiben, in denen auch Religionsunterricht erteilt werden darf (Artikel 15).
Religiöse Anführer spielen bei der Friedensbildung eine aktive Rolle. Am 3. Januar 2022 verabschiedeten christliche und muslimische Anführer gemeinsam die Interreligiöse Erklärung von Pemba. Das Ziel der Erklärung ist es, die wahren Werte von Religion stärker hervorzuheben und zu verhindern, dass Glauben mit Gewalt und gesellschaftlicher Spaltung assoziiert wird. Letzteres bezieht sich vor allem auf den Islam, der mehr als andere Glaubensrichtungen im Land mit Vorurteilen behaftet ist.[7]
Im Mai 2022 bestätigte das mosambikanische Parlament Änderungen am Antiterrorismusgesetz, welche im darauffolgenden Monat von Präsident Filipe Nyusi umgesetzt wurden. Das überarbeitete Gesetz schreibt nun härtere Strafen (bis zu 8 Jahre Haft) für die öffentliche Verbreitung falscher Aussagen über Terrorangriffe vor.[8] Zivilgesellschaftliche Organisationen wie etwa das Media Institute of Southern Africa (Südafrikanisches Medieninstitut, MISA–Mozambique) und das in den USA ansässige Komitee zum Schutz von Journalisten äußerten Bedenken über die vage Definition „falscher Aussagen“, welche dazu führen könnte, dass Berichte über den islamistischen Aufstand in Cabo Delgado unterdrückt werden, womit das Gesetz eine ernsthafte Bedrohung für die Pressefreiheit im Land darstellt.[9]
Im Oktober 2024 wurden in Mosambik Parlamentswahlen durchgeführt. Im Dezember bestätigte das oberste Gericht des Landes die Ergebnisse. Die regierende FRELIMO-Partei (Frente de Libertação de Moçambique, portugiesisch für Mosambikanische Befreiungsfront) blieb weiter an der Macht, ihr Generalsekretär Daniel Chapo wurde zum Präsidenten ernannt. Sein Herausforderer Venancio Mondlane erhielt 24 % der Stimmen.[10] Nach den Wahlen und der Tötung zweier Oppositionspolitiker kam es zu einer Welle von landesweiten Protesten, bei denen laut Berichten mehr als 300 Personen ums Leben kamen. Für die Tode werden Sicherheitskräfte verantwortlich gemacht.[11]
Vorfälle und aktuelle Entwicklungen
Auch wenn über die Ursprünge der Gruppe widersprüchliche Informationen vorliegen, gilt es mittlerweile als gesichert, dass der regionale Ableger des Islamischen Staats in Mosambik (ISM) – auch bekannt unter dem Namen Al-Shabaab, aber ohne Bezug zu der somalischen Gruppierung – aus der 2007 gegründeten religiösen Organisation Al-Sunna wa Jama‘a (ASWJ) hervorgegangen ist. Das Ziel der Organisation war und ist die Etablierung einer muslimischen Regierung und des Scharia-Rechts in Mosambik.[12] ASWJ war zu Beginn Teil des Netzwerks Islamic Council of Mozambique (Islamischer Rat von Mosambik). Die Organisation rekrutierte neue Mitglieder „über Familienverbindungen und radikale Moscheen, in denen antistaatliche Ideologien und eine strengere Auslegung des Islam gepredigt wurden“.[13] 2019 verbündete sich ASWJ formell mit dem Islamischen Staat (IS) und begann, unter dem Banner des IS – Central Africa Province (IS – Zentralafrikanische Provinz, ISCAP) zu agieren. 2022 begann die Organisation, sich noch stärker nach der Ideologie des IS zu richten, um sich so mehr Ressourcen, Legitimität und Rekruten zu sichern. In der Folge wurde ISCAP offiziell als eigenständige Provinz des IS anerkannt und agierte fortan unter dem Namen IS Mosambik.[14]
Ihre ersten Terroranschläge verübte die salafistische ASWJ im Oktober 2017 in Cabo Delgado sowohl gegen christliche Zivilisten als auch gegen Muslime, die die extremistische Ideologie der Organisation ablehnten. 2017 und 2018 verübte die Gruppe insgesamt 66 Anschläge. 2019 folgte eine Ausweitung der Angriffe auf Stadtzentren und strategische Infrastruktur, darunter unter anderem eine große Förderstätte für Flüssigerdgas.
2020 besetzte ISCAP für einen kurzen Zeitraum die Hafenstadt Mocímboa da Praia und unterbrach damit wichtige Versorgungsrouten. Internationale Militärinterventionen haben die Gruppe seit 2021 deutlich geschwächt, wodurch sich der Fokus der Gruppe von der Zivilbevölkerung auf staatliche Ziele und die Energieinfrastruktur des Landes verschoben hat. Des Weiteren versuchen die Terroristen, ihr Einflussgebiet über die Grenzen von Cabo Delgado hinaus auf andere Provinzen sowie in das benachbarte Tansania auszuweiten.[15]
Im Oktober 2023 veröffentlichte die katholische Organisation Coopération Internationale pour le Développement et la Solidarité (Internationale Zusammenarbeit für Entwicklung und Solidarität, CIDSE) einen von der EU mitfinanzierten Bericht, in dem festgehalten wurde, der Konflikt werde zwar „durchgehend islamistischen Dschihadistengruppen mit Unterstützung des IS zugeschrieben, […] Experten und Opfer weisen jedoch stets darauf hin, dass die Kontrolle über Land und Bodenschätze die wahre Wurzel des Konflikts sei“. CIDSE führte weiter aus, dass die lokale Bevölkerung „durch internationale Unternehmen vertrieben wird, um Platz zu schaffen für Projekte zum Abbau der Ressourcen“.[16]
Ende 2023 und in der ersten Jahreshälfte 2024 weitete der ISM seine Aktivitäten aus und expandierte in die Bezirke Chiure und Mecúfi im Süden von Cabo Delgado. Durch Massaker, Entführungen und andere Angriffe vertrieb die Gruppe mehr als 200.000 Menschen. Trotz internationaler Interventionen schaffte es der ISM, das zögerliche Handeln der Regierung auszunutzen und seine Kontrolle über das Gebiet wieder herzustellen und zu festigen. Dabei wandte die Terrorgruppe Strategien an, die an die Aktivitäten des Islamischen Staats im Irak, in Syrien und in Libyen erinnerten.[17]
Über die Jahre hat die Regierung von Mosambik einen mehrgleisigen Ansatz bei der Bekämpfung islamistischen Terrors in Cabo Delgado verfolgt. 2017 begannen die Behörden damit, Moscheen zu schließen, die verdächtigt wurden, extremistische Inhalte zu verbreiten. Mitte 2021 erbat die Regierung formell regionale Unterstützung durch die Southern African Development Community (Entwicklungsgemeinschaft des südlichen Afrika, SADC). Durch den Einsatz der Southern African Development Community Mission in Mozambique – unter anderem unter Beteiligung von mehr als 1.000 Soldaten aus Ruanda[18] – gelang es, strategisch wichtige Orte wie etwa Mocímboa da Praia und Mbau zurückzuerobern.[19]
In einem Gespräch mit ACN beschrieb António Juliasse, Bischof von Pemba, der Hauptstadt Cabo Delgados, die Provinz als eine Region, die seit 7 Jahren von Vertreibungen, Gewalt und humanitären Krisen gezeichnet sei. Die Unsicherheit halte Tausende Menschen davon ab, ihr Land zu bestellen, wodurch Probleme wie Hunger, Krankheit und der Verfall der Gesundheitsinfrastruktur verstärkt werden. Auch das Schulwesen wurde hart getroffen. Seit 2017 sind durch den islamistischen Aufstand mehr als 6.000 Menschen getötet und fast eine Millionen Menschen vertrieben worden. Laut dem Bischof ist der Frieden in Cabo Delgado nach wie vor in weiter Ferne.[20]
2023 ging die Anzahl der von ISM verursachten gewalttätigen Vorfälle erstmals um 27 % zurück, die Zahl der dadurch verursachten Todesfälle sank um 43 %.[21] Die Gruppe erhielt zwar nach wie vor Unterstützung von internationalen Dschihadisten-Netzwerken, die Anzahl der aktiven Kämpfer fiel allerdings von 2.500 im Jahr 2020 auf 300 im Jahr 2023.[22] Die sinkenden Zahlen lassen sich auf die Effektivität militärischer Maßnahmen der mosambikanischen Verteidigungs- und Sicherheitskräfte zusammen mit regionalen Verbündeten, der SADC und den ruandischen Streitkräften zurückführen, dank derer besetztes Territorium zurückerobert und Versorgungsketten sowie Zufluchtsorte des ISM zerstört werden konnten. Darüber hinaus meldete das mosambikanische Militär im August 2023 die Tötung von Bonomade Machude Omar, dem obersten Befehlshaber des ISM, sowie zwei seiner Vertreter, was ein Führungsvakuum und ein Auseinanderbrechen der Kommandostrukturen innerhalb des ISM zur Folge hatte.[23]
Im Oktober 2023 stellten TotalEnergies und ExxonMobil direkte Einzahlungen auf die Konten von etwa 800 mosambikanischen und ruandischen Soldaten ein, die als Teil einer Joint Task Force Einrichtungen der beiden Unternehmen beschützten. Den Unternehmen war mitgeteilt worden, dass die Zahlungen künftig direkt an die mosambikanische Regierung erfolgen sollten, um mögliche Verwicklungen in Menschenrechtsverletzungen zu vermeiden.[24] Der Islamische Staat hatte in einem Newsletter im Juli 2020 dargelegt, welche Rolle „kreuzfahrerische Ölunternehmen“ durch deren Sicherheitskräfte bei Menschenrechtsverletzungen gegen Zivilisten spielen, und damit den eigenen Kampf gerechtfertigt.[25]
Obwohl die Anzahl der Gewalttaten zurückgegangen ist, kommt es sporadisch nach wie vor zu gezielten Angriffen und Gewalt in einer Form, die auf einen Strategiewechsel der Terroristen schließen lässt: weg von einem territorialen hin zu einem Ansatz, der sowohl von Reichweite als auch Unvorhersehbarkeit geprägt ist, um Angriffe so maximal für Propagandazwecke ausschlachten zu können.[26]
Am 15. September 2023 wurden im Dorf Naquitengue nahe der Hafenstadt Mocimboa da Praia mindestens 11 Christen von dem IS-Kämpfern getötet. Laut dem Missionar Friar Boaventura kamen die Angreifer am Nachmittag in das Dorf, versammelten die Einwohner, trennten die Christen basierend auf Namen und ethnischem Profil von den Muslimen und richteten anschließend die Christen hin. Der ISM bekannte sich zur Ermordung von 11 Personen, wobei die tatsächliche Zahl der Opfer laut Berichten über weitere schwere Verletzungen höher sein könnte.[27]
Zwischen Dezember 2023 und März 2024 führte der ISM 57 Angriffe in Mosambik durch. Der monatliche Schnitt war damit doppelt so hoch wie in den restlichen Monaten 2023. In Cabo Delgado besetzte die Gruppe den Ort Mucojo.[28]
Im Januar 2024 bekannte sich der ISM zu 8 Angriffen gegen Christen in drei Distrikten in Cabo Delgado, bei denen 10 Zivilisten getötet und mehr als 200 Häuser und Kirchen zerstört wurden.[29] Die Angriffe standen offenbar in direktem Zusammenhang mit einem Statement Abu Hudhayfah al-Ansaris, einem Sprecher des IS, der am 4. Januar zu einer weltweiten Offensive aufrief unter dem Motto „Und erschlagt sie, wo immer ihr auf sie stoßt“ (Sure 2, Vers 191, Koran), vermeintlich als Vergeltung für in Gaza getötete Muslime. Die Offensive sollte sich explizit gegen Christen, Juden und vom Glauben abgefallene Muslime auf der ganzen Welt richten. Dieser Zusammenhang offenbarte eine engere Verbindung zwischen den mosambikanischen Aufständischen und der zentralen Führung des IS als bis dahin angenommen.[30]
Der ISM bekannte sich auch zu einem Angriff auf einen Militärposten in Macomia in Cabo Delgado am 7. und 8. Februar 2024, bei dem 20 Personen getötet wurden.[31]
Am 9. Februar 2024 brannten Aufständische eine Kirche in einem Ort im Verwaltungsbezirk Mazeze nieder. Der IS bekannte sich zu der Tat und gab an, in dem Ort nahe der Grenze zur Provinz Nampula „vier Kirchen und eine christliche Schule“ zerstört zu haben. Ein katholischer Priester, der Augenzeuge vor Ort war, gab an, „aufgrund der Abwesenheit von Polizei und Militär hallten eine Stunde lang Schüsse durch den Ort“.[32]
Am 12. Februar 2024 veröffentlichte der IS-nahe Telegram-Kanal Bariqah ein Foto und ein Video, mit denen sich der IS zu einem Angriff auf einen Bus in Cabo Delgado bekannte, bei dem der Fahrer ums Leben kam. Berichten zufolge hinterließen die Täter handschriftliche Botschaften auf Englisch und Portugiesisch, die von der sogenannten „Regierung des Islamischen Staats von Mosambik“ unterschrieben waren. Die Botschaften enthielten eine Kriegserklärung an Christen weltweit sowie eine Auflistung von drei Optionen: Konvertierung zum Islam, die Zahlung der Dschizya, einer Steuer für Nicht-Muslime unter muslimischem Recht, oder Tod.[33]
Am 15. Februar 2024 griffen islamistische Aufständische den Verwaltungsbezirk Chiure im Süden von Cabo Delgado an.[34] Der ISM bekannte sich zu den Angriffen über die eigene Zeitung al-Naba sowie über die zugehörigen Social-Media-Kanälen und berichtete von 18 zerstörten Kirchen in 9 Dörfern. Die Gruppe teilte auch Bilder von Kämpfern, die Kirchen in Brand setzten und christliche Symbole wie Kruzifixe entweihten. Zwar hat der ISM seinen Aufstand schon länger als einen heiligen Krieg gegen „Ungläubige“ dargestellt, allerdings stellen diese systematischen Angriffe auf Kirchen eine signifikante Eskalation der Gewalt dar. Gleichzeitig kann diese Eskalation als Versuch verstanden werden, mehr Autorität auszuüben und die Strukturen und Ansätze des IS zu übernehmen.[35]
Nach den Wahlen im Oktober 2024 gab es Berichte über Wahlbetrug. In dieser Stimmungslage wurden der führende Oppositionelle Paulo Guambe sowie Elvino Dias, Berater des Oppositionsführers Venancio Mondlane, in einem Auto überfallen und erschossen. Danach kam es Berichten zufolge zu weiteren Dutzenden Tötungen und Entführungen. Im November 2024 kündigte die Kriminalpolizei eine Untersuchung der Morde an.[36] Im April 2025 gab Generalstaatsanwalt Américo Letela auf eine Frage nach den Ermittlungen zum Tod von Guambe und Dias im Parlament eine ausweichende Antwort und bat um „Geduld“.[37]
Nach den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen am 9. Oktober 2024 verurteilte die Katholische Bischofskonferenz von Mosambik in einem Statement die Morde und prangerte ernstzunehmende Unregelmäßigkeiten bei den Wahlen an. Dazu zählten die Bischöfe Verschleierung, gefälschte Wahlzettel, manipulierte Ergebnisse sowie die gezielte Tötung der Oppositionellen Elvino Dias und Paulo Guambe. In dem Statement wird ein systematischer Angriff auf die Demokratie in der Zeit nach der Wahl angeprangert. Die Bischöfe verwiesen zudem auf die historisch niedrige Wahlbeteiligung und sehen in dieser ein deutliches Zeichen des tiefgreifenden öffentlichen Misstrauens gegenüber politischen Wahlen. Die Bischöfe forderten in einem abschließenden Appell Respekt vor dem Demonstrationsrecht, warnten junge Demonstranten davor, sich in gewalttätigen Auseinandersetzungen instrumentalisieren zu lassen, und verpflichteten alle Beteiligten zu Wahrheit und Vergebung.[38]
Die auf die umstrittenen Wahlen folgende Gewalt hat die öffentlichen Missstände weiter verschärft, das Risiko für ein erneutes Aufflammen des Konflikts erhöht und die aufständischen Islamisten, die ihren territorialen Einfluss ausbauen wollen, in ihrem Narrativ bestärkt.[39]
Im November 2024 wurden im Bezirk Muidumbe in Cabo Delgado vier Christen vom ISM gefangengenommen und getötet. Im gleichen Monat war bereits ein anderer Christ in dieser Region mit einer Maschinenpistole getötet worden.[40] Die in Cabo Delgado stationierten ruandischen Sicherheitskräfte – mittlerweile 4.000 Soldaten – scheinen bisher nicht in der Lage zu sein, die Zivilbevölkerung vor solchen Angriffen zu schützen.[41]
Laut Studien von NGOs[42] hat haben Entführungen, Vergewaltigungen, Zwangsheiraten und sexuelle Versklavung von Mädchen und jungen Frauen in Cabo Delgado durch mit dem IS verbündete dschihadistische Gruppen im Berichterstattungszeitraum zugenommen. Berichte zeigen, dass sich unter den Opfern christliche Mädchen und Frauen befinden, die insbesondere dann Gefahr laufen, zwangsverheiratet zu werden, wenn sie vorher vom Islam zum Christentum konvertierten.[43]
Im November 2024 erklärte sich der Islamic Council of Mozambique dazu bereit, als Vermittler zwischen der Regierung und den Dschihadistengruppen zu agieren.[44]
Perspektiven für die Religionsfreiheit
Die Aussichten für die Religionsfreiheit in Mosambik sind nach wie vor extrem negativ. Im Berichterstattungszeitraum und insbesondere 2024 kam es zu einer drastischen Eskalation antichristlicher Gewalt, darunter auch systematische Angriffe auf Kirchen, religiöse Symbole und Glaubensgemeinschaften, vor allem in der Provinz Cabo Delgado.
Die Politische Instabilität hat Schutzmechanismen für Religionsgemeinschaften noch zusätzlich geschwächt. Die Parlamentswahlen 2024 wurden, wie von der Katholischen Bischofskonferenz angeprangert, überschattet von Vorwürfen des Wahlbetrugs, politischer Gewalt und der gezielten Tötung von Oppositionspolitikern. Die Unterdrückung friedlicher Proteste und das Misstrauen der Bevölkerung gegenüber staatlichen Institutionen haben die Rechtsstaatlichkeit in Mosambik weiter geschwächt und die gesellschaftliche Spaltung vorangetrieben.
Vor dem Hintergrund des expandierenden Einflusses dschihadistischer Gruppen, der politischen Unruhen und einem schwachen Staat in einem Großteil des Nordens des Landes sind die Bedingungen für Menschenrechte und Religionsfreiheit weiterhin sehr prekär.
Quellen