MYANMAR
Gesetzeslage zur Religionsfreiheit und deren faktische Anwendung
Im Februar 2021 putschten die Streitkräfte Myanmars (Tatmadaw) gegen die demokratisch gewählte Regierung unter Staatsrätin Aung San Suu Kyi und ihrer Nationalen Liga für Demokratie, die nach dem Wahlsieg im November 2015 erstmals an die Macht gekommen und im November 2020 wiedergewählt worden war.[1]
Seit der Machtübernahme des Militärs befindet sich das Land in einem blutigen Bürgerkrieg. Gleichwohl gilt weiterhin die Verfassung der Republik der Union Myanmar von 2008 (früher Birma), die vor der Übergabe der Macht an zivile Autoritäten von den Militärs verfasst worden war.[2] Sie garantiert den Bürgern formal die Religionsfreiheit. In Artikel 34 heißt es: „Jeder Bürger hat gleichermaßen Anspruch auf Freiheit des Gewissens sowie das Recht, seine Religion frei zu bekennen und auszuüben, vorbehaltlich der öffentlichen Ordnung, der Moral oder der Gesundheit sowie der weiteren Bestimmungen dieser Verfassung.“ Während jedoch Artikel 362 der Verfassung das Christentum, den Islam, den Hinduismus und den Animismus als „die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verfassung in der Union bestehenden Religionen“ anerkennt, verleiht Artikel 361 dem Buddhismus „die besondere Stellung als Glaube, dem die große Mehrheit der Bürger der Union anhängt“.[3]
Artikel 364 verbietet den „Missbrauch der Religion zu politischen Zwecken“ und erklärt, dass „jede Handlung, die geeignet oder dazu bestimmt ist, Hass, Feindschaft oder Zwietracht zwischen rassischen oder religiösen Gemeinschaften oder Sekten zu fördern, dieser Verfassung widerspricht. Zur Bestrafung solcher Handlungen kann ein Gesetz erlassen werden.“
Neben der Verfassung enthält auch das Strafgesetzbuch Myanmars verschiedene religionsbezogene Bestimmungen. Paragraph 295 stellt Handlungen unter Strafe, die Kultstätten beschädigen oder entweihen; Paragraph 295A bezieht sich auf Beleidigungen von Religionen; Paragraph 296 betrifft die Störung religiöser Versammlungen; Paragraph 297 stellt das Eindringen in Kult- und Begräbnisstätten unter Strafe; Paragraph 298 schließlich verbietet die Verletzung religiöser Gefühle. Alle diese Vorschriften sind mit Geld- und Freiheitsstrafen von ein bis zwei Jahren bewehrt.[4] Sie ähneln in ihrer Struktur den Blasphemiegesetzen anderer Staaten. In der Praxis werden sie jedoch häufig weit ausgelegt und subjektiv angewandt, was nicht selten religiöse Minderheiten oder abweichende Stimmen trifft.
Im Mai und August 2015 führte die Regierung des damaligen Präsidenten Thein Sein vier Gesetze zum „Schutz von Ethnie und Religion“ ein, die bis heute in Kraft sind. Sie beinhalten Vorschriften zur Registrierung von Ehen zwischen nichtbuddhistischen Männern und buddhistischen Frauen, Auflagen für nichtbuddhistische Ehemänner sowie Sanktionen bei Verstößen. Zudem regeln sie den Übertritt zu einer anderen Religion, der der Zustimmung einer staatlichen Behörde bedarf.[5]
Dem buddhistischen Klerus (Sangha) ist politische Betätigung gesetzlich untersagt.[6] Artikel 121 (i) der Verfassung schließt Angehörige eines „religiösen Ordens“ von der Kandidatur für öffentliche Ämter aus; Artikel 392 (a) entzieht ihnen zudem das Wahlrecht. Die Verfassung verbietet darüber hinaus den „Missbrauch der Religion zu politischen Zwecken“ (Artikel 364).[7]
Buddhistische Mönche und Bildungseinrichtungen unterstehen dem „Department for the Perpetuation and Propagation of the Sasana“ (Abteilung für die Bewahrung und Verbreitung der Lehre Buddhas) im Ministerium für Religionsangelegenheiten. Die neun anerkannten Orden stehen unter der Aufsicht des „State Sangha Maha Nayaka Committee“ (SSMNC oder Ma Ha Na). Andere buddhistische Ordensorganisationen sind nicht zugelassen.[8]
Am 10. Februar 2024 erließ die herrschende Militärjunta eine Anordnung zur Umsetzung des Wehrpflichtgesetzes von 2010. Dieses schreibt den Militärdienst für alle Männer zwischen 18 und 35 Jahren sowie Frauen zwischen 18 und 27 Jahren vor. Darüber hinaus können „Berufstätige“ bis zum Alter von 45 Jahren (Männer) beziehungsweise 35 Jahren (Frauen) eingezogen werden. Wer versucht, den Wehrdienst zu umgehen oder andere dabei unterstützt, riskiert bis zu fünf Jahre Haft.[9]
Vorfälle und Entwicklungen
Das Militärregime, das am 1. Februar 2021 die demokratisch gewählte Zivilregierung in einem Staatsstreich stürzte, wird weiterhin von Generaloberst Min Aung Hlaing, Oberbefehlshaber der Streitkräfte und Vorsitzender des Staatsverwaltungsrats SAC, geführt. Das Militär begeht nach wie vor schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen gegenüber der Bevölkerung im gesamten Land, darunter auch Verstöße gegen die Religionsfreiheit, die seit dem Putsch deutlich zugenommen haben, insbesondere im Berichtszeitraum.
Myanmars demokratisch gewählte Regierungschefin, die Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi, verbüßt mehrere mutmaßlich politisch motivierte Haftstrafen mit einer Gesamtdauer von 27 Jahren. 2024 wurde sie aus gesundheitlichen Gründen aus dem Gefängnis in den Hausarrest verlegt.[10] Angesichts ihres 80. Geburtstags am 19. Juni 2025 wachsen die Sorgen um ihre Gesundheit und die Bedingungen ihrer Haft. Es ist sehr wahrscheinlich, dass sie in der Haft sterben wird, sollte es keine grundlegende politische Veränderung geben.[11]
Nach Angaben der Assistance Association of Political Prisoners (Vereinigung zur Unterstützung politischer Gefangener, AAPP) wurden bis zum 13. Juni 2025 seit dem Staatsstreich insgesamt 29.277 Menschen aus politischen Gründen festgenommen, davon befanden sich 22.125 noch in Haft. Mindestens 6.796 Zivilisten wurden von der Junta getötet.[12] Die Vereinten Nationen schätzen, dass über 3,5 Millionen Menschen durch den Bürgerkrieg innerhalb des Landes vertrieben wurden, während viele weitere als Flüchtlinge in Nachbarstaaten flohen.[13] Nach Einschätzung von UN-Experten erlebt das Land derzeit die schwerste humanitäre Krise seit vielen Jahren: Fast ein Drittel der Bevölkerung (15,2 Millionen Menschen) ist von akuter Ernährungsunsicherheit betroffen; insgesamt sind mehr als 19,9 Millionen Menschen auf humanitäre Hilfe angewiesen.[14]
UN-Menschenrechtskommissar Volker Türk bezeichnete die Lage in Myanmar als „eine der schlimmsten weltweit“ – eine „kaum vorstellbare Litanei menschlichen Leidens“.[15]
In seiner Erklärung vor dem UN-Menschenrechtsrat im März 2025 berichtete der Hochkommissar von zahlreichen Gräueltaten, darunter Enthauptungen, Verbrennungen, Verstümmelungen und der Einsatz von Zivilisten als menschliche Schutzschilde. Er stellte fest: „Konflikt, Vertreibung und wirtschaftlicher Zusammenbruch haben im ganzen Land Schmerz und Elend verursacht. Zivilisten zahlen einen entsetzlichen Preis. Die Zahl der im Jahr 2024 Getöteten war die höchste seit dem Putsch 2021 […]. Die meisten Opfer wurden durch brutale und wahllose Luftangriffe und Artilleriebeschuss getötet, während das Militär seine Kontrolle zunehmend verliert. Ziel der Angriffe waren Schulen, Gotteshäuser, Gesundheitseinrichtungen, Flüchtlingslager und öffentliche Veranstaltungen, was zu massenhaften zivilen Opfern und Vertreibungen führte.“
Allein im Jahr 2024 wurden mindestens 1.824 Menschen getötet, darunter 531 Frauen und 248 Kinder. Der Hochkommissar betonte jedoch, dass diese Zahlen „wahrscheinlich nur einen Bruchteil der tatsächlichen Opfer“ darstellen, da aus mehreren Regionen mit schweren Kämpfen keine verifizierten Informationen vorlägen.[16]
In Myanmar sind politische Macht, ethnische Identität und religiöse Zugehörigkeit eng miteinander verflochten. Auch wenn der aktuelle Konflikt nicht primär religiös motiviert ist, hat er gravierende Auswirkungen auf die Religionsfreiheit, die sich im Berichtszeitraum weiter verschlechtert hat. Das Militär verfolgt bereits seit langer Zeit eine extrem nationalistische, burmesisch-buddhistische Agenda[17], die von großer Intoleranz gegenüber nicht-burmesischen Ethnien und nicht-buddhistischen Religionsgemeinschaften geprägt ist. Hinzu kommt, dass Kultstätten angegriffen werden, weil sie zentrale Orte des Gemeindelebens darstellen, und religiöse Führungspersönlichkeiten ins Visier geraten, da sie häufig auch mit der Zivilgesellschaft, humanitärer Hilfe und dem ethnischen Widerstand verbunden sind.[18]
Seit der Machtübernahme des Militärs gibt es zahlreiche Berichte über Angriffe auf christliche Kirchen. Von 2021 bis Dezember 2023 wurden Schätzungen zufolge über 220 Kirchen im Land zerstört, darunter Dutzende katholische Kirchen allein im Bundesstaat Kayah (Karenni).[19] Es ist anzunehmen, dass sich dieser Trend auch 2024 und Anfang 2025 fortgesetzt hat.[20]
Im Januar 2023 brannten Soldaten eine der ältesten und bedeutendsten katholischen Kirchen des Landes nieder: die Church of Our Lady of the Assumption in Chan Thar, Region Sagaing. Auch das nahegelegene Kloster der Franziskaner-Missionarinnen der Maria wurde zerstört. Die Ordensfrauen mussten mit 3.000 Dorfbewohnern fliehen, deren Häuser ebenfalls angegriffen wurden.[21]
Im August 2023 wurden durch Luftangriffe die „Mary Mother of Mercy“-Kirche in Htee Thaw Ku im Bundesstaat Kayah sowie zwei Baptistenkirchen im Bundesstaat Chin beschädigt.[22]
Am 26. November 2023 wurde das Pastoralzentrum der „Christ the King“-Kathedrale in Loikaw im Bundesstaat Kayah beschossen und tags darauf von Soldaten besetzt.[23] Bischof Celso Ba Shwe, die Geistlichen, Ordensschwestern, ältere Menschen und Patienten, die dort Zuflucht gefunden hatten, mussten fliehen.[24]
Im Januar 2024 brannten Soldaten eine katholische Kirche im Township Ye-U, Region Sagaing, nieder.[25]
Am 5. Februar 2024 wurde eine Dorfkirche im Township Demoso, Kayah, bei einem Luftangriff getroffen. Am 11. und 12. Mai 2024 zerstörten weitere Luftangriffe im Township Tonzang, Chin, zwei Kirchen – eine katholische und eine baptistische – sowie mehrere Häuser. Am 15. August 2024 starben 11 Zivilisten, darunter 2 Kinder, bei einem Luftangriff auf eine Kirche in Kyeintali im Township Gwa, Rakhine; 11 weitere wurden schwer verletzt.[26] Wie in den Vorjahren wurden auch im Jahr 2024 mehrmals Kirchen, Schulen und Wohnhäuser in Mon Hla in der Region Sagaing, der Heimatstadt von Kardinal Charles Bo, bombardiert.[27]
Im Februar 2025, weniger als zwei Wochen nachdem die Herz-Jesu-Kirche in Mindat im Bundesstaat Chin zur Kathedrale der neu gegründeten Diözese bestimmt worden war, wurde sie durch Luftangriffe getroffen.[28]
Im März 2025, nur einen Tag vor dem St. Patrick's Day, setzten Junta-Truppen die St. Patrick's Cathedral in Banmaw im Bundesstaat Kachin in Brand und zerstörten sie vollständig.[29]
Es ist wichtig, darauf hinzuweisen, dass seit dem Staatsstreich nicht nur eine große Zahl christlicher Kirchen, sondern auch Kultstätten anderer Religionen in Mitleidenschaft gezogen wurden. Am 8. Juni 2024 etwa traf ein Luftschlag ein buddhistisches Kloster im Township Sagaing, Region Sagaing, wobei 13 Menschen, darunter drei Mönche, ums Leben kamen.[30] Auch Moscheen und Hindu-Tempel wurden attackiert.[31]
Zuverlässige und aktuelle Zahlen zur Zerstörung oder Beschädigung religiöser Stätten sind schwer zu ermitteln. Ein Bericht der „International Commission of Jurists“ (ICJ) aus dem Jahr 2023 dokumentierte, dass zwischen Februar 2021 und April 2023 insgesamt 190 religiöse oder sakrale Stätten durch Artilleriebeschuss, Luftangriffe und Brandstiftung zerstört oder beschädigt wurden. Laut ICJ war das Militärregime für mindestens 158 dieser Angriffe direkt verantwortlich. Zudem wurden in diesem Zeitraum 64 Razzien gegen religiöse Einrichtungen im ganzen Land registriert. Die meisten betrafen buddhistische Stätten, des Weiteren waren 15 Kirchen, fünf Moscheen und ein Hindu-Tempel betroffen. In 110 religiösen Gebäuden in 12 Staaten und Regionen errichtete das Militär Lager und nutzte diese Stätten für Verhöre, Inhaftierungen und teils auch als Hinrichtungsorte.[32]
Neben der Zerstörung, Schändung und Besetzung von Gotteshäusern richtete sich die Gewalt auch gezielt gegen religiöse Führungspersönlichkeiten. Das bekannteste Beispiel ist die Festnahme von Reverend Dr. Hkalam Samson, ehemaliger Präsident der Kachin Baptist Convention (KBC), am 5. Dezember 2022 am Flughafen Mandalay. Reverend Samson, der von 2018 bis 2022 Präsident der KBC war und davor zwei Amtszeiten lang als Generalsekretär fungierte, wurde wegen unrechtmäßiger Vereinigung, Verleumdung des Staates und Terrorismus angeklagt und im April 2023 zu sechs Jahren Haft verurteilt.[33] Zwar kam er im April 2024 im Zuge einer Amnestie frei, wurde jedoch binnen 24 Stunden erneut festgenommen und schließlich im Juli 2024 endgültig entlassen.[34]
Weitere Geistliche wurden ebenfalls Opfer von Gewalt: Am 16. Juli 2023 entführte das Militär einen Baptistenpastor und drei Älteste aus ihrer Kirche in Mindat im Bundesstaat Chin; sie gelten als getötet.[35]
Am 18. März 2024 wurde ein Baptistenpastor in der Gemeinde Mogaung, Kachin, erschossen. Am 12. April 2024 töteten Maskierte einen katholischen Priester während der Messe in der St. Patrick's Church in Mohnyin, ein ebenfalls im Bundesstaat Kachin angesiedeltes Dorf.[36] Am 19. Juni 2024 erschossen Soldaten den Ehrwürdigen Bhaddanta Muninda Bhivamsa, einen hochrangigen buddhistischen Mönch, an einem Straßenkontrollpunkt im Ngazun Township in der Region Mandalay.[37]
Am 14. Februar 2025 wurde Pater Donald Martin Ye Naing Win, ein katholischer Priester, der sich in der Jugendarbeit engagierte, in der Region Sagaing ermordet, einem Gebiet, das vom Widerstand nur bruchstückhaft kontrolliert wird. Augenzeugen berichteten, dass etwa zehn bewaffnete Kämpfer den Anschlag verübten. Am nächsten Tag verhafteten die PDF-Kräfte zehn Verdächtige, die mutmaßlich mit lokalen Verteidigungsgruppen in Verbindung standen, und ein mit der Regierung der Nationalen Einheit verbündetes Gericht verurteilte später neun von ihnen zu 20 Jahren Gefängnis.[38]
Auch Muslime, insbesondere die ethnischen Rohingya im Bundesstaat Rakhine, sind weiterhin schwerer Diskriminierung und Unterdrückung ausgesetzt. Bereits 2017 wurden sie Opfer von Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Völkermord, was zur Flucht von über 750.000 Menschen nach Bangladesch führte. Etwa 630.000 Rohingya leben noch in Myanmar – unter Bedingungen, die Human Rights Watch als „ein Apartheid-System“ bezeichnet, das sie besonders schutzlos gegen erneute Gewalt macht.[39]
Am 5. August 2024 ereignete sich in Maungdaw im Bundesstaat Rakhine das sogenannte „Massaker am Naf-Fluss“. Mindestens 200 Rohingya-Zivilisten, überwiegend Frauen und Kinder, starben durch Drohnen- und Artillerieangriffe, während sie am Ufer des Naf-Flusses Zuflucht suchten. Nach Angaben von Rohingya-Organisationen waren die Menschen vor Kämpfen zwischen der Arakan Army (AA) und dem Militär in Maungdaw dorthin geflohen.[40] Berichten zufolge wurden die Angriffe aus von der AA kontrollierten Gebieten gestartet.[41]
„Das Massaker am Naf River reiht sich ein in eine Reihe ähnlicher Drohnenangriffe der AA auf Stadtteile von Maungdaw und die umliegenden Rohingya-Dörfer in den letzten Wochen, bei denen täglich Dutzende von Rohingya-Zivilisten getötet wurden. Bereits frühere Berichte deuteten darauf hin, dass die AA und das myanmarische Militär gezielte Grausamkeiten gegen die Zivilbevölkerung der Rohingya verüben, die ohnehin ohne Unterscheidung im Kreuzfeuer ihres bewaffneten Konflikts steht.“[42] Human Rights Watch bestätigte diese Berichte und zitierte einen 18-jährigen Dorfbewohner, demzufolge „der Naf-Fluss voller toter Rohingya war, als wir flohen“, während ein anderer berichtete, dass „Tag für Tag etliche Dorfbewohner der Rohingya getötet und verletzt wurden.“[43]
Im Februar 2024 beschloss die Militärjunta die Umsetzung des Wehrpflichtgesetzes, das alle Männer zwischen 18 und 35 Jahren und alle Frauen zwischen 18 und 37 Jahren zum Dienst verpflichtet. Tausende versuchten daraufhin, das Land zu verlassen[44] oder schlossen sich bewaffneten Widerstandsgruppen an, um der Einberufung zu entgehen.[45]
Die Junta versuchte zudem aktiv, Rohingya für den Militärdienst zu rekrutieren – obwohl ihnen seit dem Staatsbürgerschaftsgesetz von 1982 die Staatsbürgerschaft verweigert wird und nur Staatsbürger in den Streitkräften dienen dürfen.[46]
Kardinal Charles Bo, Erzbischof von Yangon und Vorsitzender der Katholischen Bischofskonferenz von Myanmar, trat auch im Berichtszeitraum unermüdlich als Stimme für Frieden, Gerechtigkeit, Versöhnung, Menschenrechte und Religionsfreiheit auf. In einem Interview im Mai 2024 sprach er von einem „beispiellosen Zustand von Chaos und Leid ohne absehbares Ende“, der insbesondere religiöse Minderheiten treffe: „Im letzten Jahrzehnt sind fundamentalistische Kräfte erstarkt, die sich gegen religiöse Minderheiten richten.“ Durch die Eskalation der Gewalt nach dem Putsch habe sich die Situation noch einmal erheblich verschlimmert. „Die Angriffe auf Gotteshäuser haben viele Gemeinden gezwungen, ihre Kirchen zu verlassen – ein schwerer Schlag für überwiegend christliche Gemeinschaften wie in Kachin.“[47]
Auch Papst Franziskus zeigte fortwährend seine Besorgnis über die Lage in Myanmar. Im November 2024 sagte er in einem Gebet: „Mein Mitgefühl gilt der gesamten Bevölkerung Myanmars, insbesondere jenen, die unter den Kämpfen leiden – vor allem den Verwundbarsten: Kindern, Alten, Kranken, Flüchtlingen, darunter den Rohingya. Ich appelliere von Herzen an alle beteiligten Parteien, die Waffen niederzulegen und einen aufrichtigen und umfassenden Dialog aufzunehmen, der einen dauerhaften Frieden gewährleisten kann.“[48]
Perspektiven für die Religionsfreiheit
Der Militärputsch vom 1. Februar 2021 hat in Myanmar eine schwere humanitäre Krise ausgelöst, die zu einer deutlichen Verschlechterung der Situation im Hinblick auf Menschenrechte wie die Religions- und Glaubensfreiheit geführt hat. Die Zahl der Angriffe auf Gotteshäuser sowie auf Christen, Muslime und selbst buddhistische Mönche, die das Regime kritisierten, ist in dieser Zeit spürbar gestiegen.
Solange das Militär an der Macht bleibt, bleiben die Perspektiven für die Religionsfreiheit düster. Eine substanzielle Verbesserung wird nur möglich sein, wenn ein landesweiter und dauerhafter Frieden erreicht und zugleich eine echte föderale Mehrparteiendemokratie errichtet wird, die die Menschenrechte aller Religionen und Ethnien achtet.
Quellen