Festland-Asien
Bewaffnete Konflikte, Entführungen, willkürliche Festnahmen und neue Gesetze, die Rechte beschneiden, engen den ohnehin schon kleinen Raum für Religionsfreiheit in Festland-Asien immer weiter ein. Mit Nordkorea, China, Laos, Indien, Bangladesch und Vietnam umfasst die Region einige der größten und bevölkerungsreichsten Länder der Welt, die Heimat zahlreicher religiöser und ethnischer Gemeinschaften sind und in denen einige der weltweit schwersten Verletzungen des Menschenrechts auf Religionsfreiheit stattfinden.
Totalitäre Unterdrückung und systematische Kontrolle
Die Religionsfreiheit hat in China unter Präsident Xi Jinping weiter einen schweren Stand, da die Kommunistische Partei Chinas ihre Sinisierungsmaßnahmen vorantreibt, die darauf abzielen, alle religiösen Traditionen der sozialistischen Ideologie unterzuordnen. Die 2023 eingeführten Regeln über die Verwaltung religiöser Aktivitäten und Versammlungsorte sowie das Gesetz über die Patriotische Erziehung verlangen von den Glaubensgemeinschaften, dass sie die sozialistischen Grundwerte fördern.[1] Alle religiösen Versammlungsorte unterliegen der staatlichen Kontrolle. Veranstaltungen, die den nationalen Interessen entgegenstehen, sind verboten. Die Unterdrückung nicht registrierter Glaubensgemeinschaften nimmt massiv zu. Es gibt zahlreiche Berichte über Festnahmen, Arreste und Schließungen von Gebetsstätten. Geistliche werden aufgrund vager Anschuldigungen wie „Betrug“ oder „Subversion“ verurteilt und religiöse Inhalte im Internet rigoros zensiert.[2] In der Region Xinjiang wird seit 2024 verlangt, dass alle Neubauten, die für religiöse Zwecke genutzt werden, „im chinesischen Stil“ errichtet werden, – ein Zeichen für die zunehmenden Bemühungen, die religiöse und kulturelle Identität der Uiguren auszulöschen.[3] Mehr als 600 uigurische Dörfer wurden umbenannt. Die Menschen werden intensiv überwacht, willkürlich festgenommen und für die Ausübung ihres Glaubens bestraft.[4]
In Nordkorea herrscht weiterhin eines der repressivsten Regime der Welt. Das Recht auf Glaubensfreiheit ist in der Verfassung zwar verankert, wird aber durch eine Staatsideologie ausgehebelt, die absolute Loyalität zur Kim-Dynastie verlangt. Jeder Ausdruck religiöser Überzeugungen wird als Bedrohung der Staatsgewalt angesehen. Personen, bei denen religiöse Schriften gefunden werden oder die an nicht genehmigten religiösen Aktivitäten teilnehmen, müssen mit schweren Strafen rechnen, wie Folter, lebenslange Haft oder Hinrichtung. Chinas Politik der Zwangsrückführung hat die Not der nordkoreanischen Überläufer weiter verschlimmert. Diejenigen, die nach Nordkorea zurückgeführt werden, werden hart bestraft. Ihnen droht Zwangsarbeit oder sogar Hinrichtung.[5]
In Vietnam, besonders im zentralen Hochland, sind religiöse Minderheiten wie die Montagnard- und die Hmong-Christen sowie die Khmer-Krom-Buddhisten ständigem Druck ausgesetzt. Die Behörden stören Gottesdienste, verwüsten Versammlungsstätten und zwingen Gläubige, sich von ihrem Glauben loszusagen.[6] Anhänger nicht registrierter Gemeinschaften werden häufig unter vagen Anschuldigungen festgenommen, weil sie angeblich die nationale Sicherheit gefährden.
Auch in Laos werden Gläubige und Glaubensgemeinschaften trotz verfassungsmäßiger Garantien weiterhin verfolgt. In den Jahren 2023 und 2024 wurden Christen aus Orten wie Mai und Sa Mouay vertrieben, weil sie sich weigerten, ihren Glauben aufzugeben. Kirchen wurden zerstört und Geistliche zum Teil wochenlang ohne Anklage festgehalten. Der Mord an Pastor Thongkham Philavanh im Juli 2024 verdeutlichte, welch großen Gefahren Geistliche in ländlichen Gebieten ausgesetzt sind.[7]
Nationalismus und Beschneidungen des Rechts auf Religionsfreiheit mit staatlicher Billigung
Politische Macht, ethnische Identität und religiöse Zugehörigkeit sind in Myanmar eng miteinander verwoben. Diese Verflechtungen beeinflussen die Dynamik des laufenden Bürgerkriegs und führen zu einer fortschreitenden Aushöhlung der Grundrechte. Der gegenwärtige Konflikt ist zwar nicht religiös motiviert, hat aber die Bedingungen für freie Glaubensausübung erheblich verschlechtert. Die Militärjunta verfolgt eine buddhistisch-nationalistische Agenda,[8] die keine anderen ethnischen Gruppen als die der Bamar und keine anderen Glaubensrichtungen als den Buddhismus toleriert. Andere ethnische oder religiöse Gemeinschaften werden mit ethnischen Widerstandsbewegungen oder zivilgesellschaftlichen Aktivitäten in Verbindung gebracht. Religiöse Stätten sind häufig das Ziel von Angriffen, weil sie oft als Zentren des Gemeinschaftslebens und der humanitären Hilfe dienen. Seit dem Staatsstreich von 2021 wurden Hunderte von Kirchen, darunter auch katholische, gesprengt oder niedergebrannt.[9] Geistliche wurden ermordet, festgenommen oder eingeschüchtert. Die Verfassung von 2008 ist nach wie vor in Kraft. Sie räumt dem Buddhismus eine Sonderstellung ein bildet die Grundlage für diskriminierende Gesetze, die Konfessionswechsel und interreligiöse Eheschließungen regeln.[10] Die Rohingya leiden weiterhin unter Gräueltaten und Vertreibung.
In Sri Lanka führt der Einfluss des singhalesisch-buddhistischen Nationalismus insbesondere in der Ostprovinz dazu, dass religiöse Minderheiten zunehmend überwacht, schikaniert und mit Rechtsvorschriften belegt werden. Der Internationale Pakt über Bürgerliche und Politische Rechte und das Terrorismusbekämpfungsgesetz werden herangezogen, um Andersdenkende ins Visier zu nehmen.[11] Tamilische Hindus berichten von Landenteignungen, während Christen und Muslime regelmäßig eingeschüchtert werden. Das Land hat sich politisch stabilisiert, sorgt aber nicht für die Einhaltung der Menschenrechte und verspielt damit seine Glaubwürdigkeit.
Hybride Verfolgung und legalisierte Intoleranz
In Indien wird das verfassungsmäßig garantierte Recht auf Religionsfreiheit durch die hinduistisch-nationalistische Politik der Bharatiya Janata Party (BJP) ausgehöhlt. Seit 2014 wird das religiöse Leben der Muslime und Christen immer stärker eingeschränkt. Das Gesetz zur Regulierung ausländischer Zuwendungen wird herangezogen, um die Zulassungen von Nichtregierungsorganisationen mit Verbindungen zur religiösen Minderheiten auszusetzen oder aufzuheben. Die Zahl der NGO, die Finanzmittel aus dem Ausland erhalten dürfen, war im Jahr 2024 von ehemals 35.000 auf 15.947 gesunken.[12] Inzwischen haben 12 Bundesstaaten Anti-Konversionsgesetze erlassen,[13] darunter Rajasthan und Uttar Pradesh, wo es allen Bürgern erlaubt ist, Anzeige zu erstatten, wobei ein hohes Risiko besteht, dass Menschen zu Unrecht beschuldigt werden.
Die religiös motivierte Gewalt hat stark zu genommen. 2024 wurden 834 Angriffe gegen Christen gezählt. Vor allem in Uttar Pradesh und Chhattisgarh kam es zu Mobgewalt.[14] Im Bundesstaat Manipur führten ethnische Auseinandersetzungen zwischen den christlichen Kuki-Zo und den hinduistischen Meitei zu zahlreichen Toten und weitläufigen Zerstörungen.[15] Indien ist ein Beispiel für „hybride Verfolgung“, die sich in einer Verbindung aus staatlicher Unterdrückung und gewalttätigen Mobs äußert.
Im benachbarten Nepal führen Bestimmungen der Verfassung, die es untersagen, andere zu bekehren, zu Schikanen gegen christliche Gemeinden. Geistliche und Laien, die beschuldigt wurden, Angehörige der Kaste der Dalits bekehrt zu haben, wurden festgenommen oder öffentlich gedemütigt.[16] Im September 2023 störten hinduistische Aktivisten eine christliche Versammlung in Kharhni, vertrieben die Teilnehmenden und beschmierten die Gesichter zweier Pastoren mit schwarzer Tinte.[17] Eine Woche zuvor waren zwei indische Missionare den Behörden übergeben worden. Im August 2024 wurde in Dhanusha eine Kirche wegen des Vorwurfs von „Massenbekehrungen“ geschlossen.[18]
Instabilität und religiöse Spannungen nach Machtwechsel
Bangladesch geht mit der Religionsfreiheit weiterhin widersprüchlich um. Die Verfassung erklärt einerseits den Islam zur Staatsreligion und andererseits den Säkularismus zu einem ihrer Grundsätze. In der Praxis führt dieses zweigleisige Prinzip zu Instabilität und Diskriminierung. Das 2023 verabschiedete Gesetz zur Cybersicherheit[19] unterdrückt abweichende Meinungen und nimmt Minderheitengruppen ins Visier.
Nach dem Rücktritt von Premierministerin Hasina Wajed im Jahr 2024 und der Einsetzung einer Übergangsregierung unter Muhammad Yunus berichten Minderheiten von zunehmender Gewalt und Diskriminierung. Die Aufhebung des Verbots der islamistischen Partei Jamaat-e-Islami schürt Befürchtungen, dass Islamisten mehr Einfluss gewinnen könnten.[20] In der Provinz Chittagong Hill Tracts werden christliche Gemeinden gezielt schikaniert, während die Situation der Rohingya-Flüchtlinge nach wie vor ungelöst und prekär ist.
[1] CSW, General Briefing, China, 17. Dezember 2024 - https://www.csw.org.uk/2024/12/17/report/6398/article.htm (abgerufen am 1. Juli 2025).
[2] „Xi’an Church of Abundance: Trial Against Pastors Starts with Fabricated Victims“, Bitter Winter, 1. Juli 2025, https://bitterwinter.org/xian-church-of-abundance-trial-against-pastors-starts-with-fabricated-victims/ (abgerufen am 10. August 2025).
[3] China File, „A Rew Round of Restrictions Further Constrains Religious Practice in Xinjiang“, 19. April 2024 - https://www.chinafile.com/reporting-opinion/viewpoint/new-round-of-restrictions-further-constrains-religious-practice-xinjiang (abgerufen am 1. Juli 2025).
[4] „China: Hundreds of Uyghur Village Names Change“, Human Rights Watch, 18. Juni 2024, https://www.hrw.org/news/2024/06/18/china-hundreds-uyghur-village-names-change (abgerufen am 15. Juni 2025).
[5] Jang, S. „Repatriated N. Korean defectors who interacted with Christians sent to political prison camps“, Daily NK, 24. April 2024, https://www.dailynk.com/english/repatriated-north-korean-defectors-interacted-christians-sent-political-prison-camps/ (abgerufen am 16. März 2025).
[6] Country policy and information note: ethnic and religious groups, Vietnam, Dezember 2024, GOV.UK, https://www.gov.uk/government/publications/vietnam-country-policy-and-information-notes/country-policy-and-information-note-ethnic-and-religious-groups-vietnam-february-2022-accessible-version (abgerufen am 19. August 2025).
[7] „Christian Persecution in Laos: Evangelical Pastor Killed“, AsiaNews, 26. Juli 2024, https://www.asianews.it/news-en/Christian-persecution-in-Laos:-evangelical-pastor-killed-61228.html (abgerufen am 30. Januar 2025).
[8] John Cosenza, „The Rise of Buddhist Ethnonationalism and Military Impunity in Myanmar“, International Christian Concern (ICC), 7. Februar 2020, https://www.persecution.org/2020/02/07/rise-buddhist-ethnonationalism-military-impunity-myanmar/ (abgerufen am 11. Juni 2025).
[9] „Religious Freedom under attack in Burma“, Voice of America (VOA), 4. März 2025, https://editorials.voa.gov/a/religious-freedom-under-attack-in-burma/7997635.html (abgerufen am 11. Juni 2025).
[10]Myanmar 2008, Constitute Project, https://www.constituteproject.org/constitution/Myanmar_2008 (abgerufen am 19. August 2025).
[11] End Blasphemy Laws, Sri Lanka, https://end-blasphemy-laws.org/countries/asia-central-southern-and-south-eastern/sri-lanka/ (abgerufen am 19. August 2025).
[12] Purohit, K. „Empty bed lost jobs; the price of Indian’s crackdown on NGO funds“, 11. Juli 2024, Context https://www.context.news/money-power-people/empty-beds-lost-jobs-the-price-of-indias-crackdown-on-ngo-funds (abgerufen am 10. Februar 2025).
[13] „New anti-conversion law takes effect in Rajasthan“, 21. Februar 2025, International Christian Concern, https://www.persecution.org/2025/02/21/new-anti-conversion-law-takes-effect-in-rajasthan/ (abgerufen am 19. August 2025)
[14]„Growing violence threatens Christian existence in India“, UCA News, 24. Januar 2024, https://www.ucanews.com/news/growing-violence-threatens-christian-existence-in-india/107676 (abgerufen am 10. Februar 2025).
[15] „Manipur Mods Destroyed Hundreds of Our Churches. Yet God Calls Us Christians to Repent“, Christianity Today, 9. August 2023, https://www.christianitytoday.com/2023/08/manipur-kuki-india-christian-persecution-pastor-imphal/(abgerufen am 10. Februar 2025).
[16] Rozario, R. „Christians in Nepal persecuted by religious and political decree“, UCA News, 7. Mai 2021, https://www.ucanews.com/news/christians-in-nepal-persecuted-by-religious-and-political-decree/92379 (abgerufen am 15. Mai 2025).
[17] „Church attacked as part of growing trend“, Voice of the Martrys, 14. September 2024, https://www.vomcanada.com/np-2023-09-14.htm (abgerufen am 15. Mai 2025).
[18] „Nepal: Police seal illegal church after Hindu organisations protest agsinst mass conversion of Dalits into Christianity, demands action against Pastor who converted from Hinduism“, OP India, 31. August 2024. https://www.opindia.com/2024/08/nepal-police-locks-church-after-hindu-organisations-protest-against-mass-conversion-of-dalits-into-christianity/ (abgerufen am 15. Mai 2025).
[19] Kallol Mustafa, „The shadow of Digital Security Act over Cyber Protection Ordinance“, The Daily Star, 28. Dezember 2024, https://www.thedailystar.net/opinion/views/news/the-shadow-digital-security-act-over-the-cyber-protection-ordinance-3785841 (abgerufen am 20. Januar 2025).
[20] „Bangladesh Interim Government Lifts Ban on Jamaat-e-Islami and Islami Chhatrashibir“, DD News, 28. August 2024, https://ddnews.gov.in/en/bangladesh-interim-govt-lifts-ban-on-jamaat-e-islami-and-islami-chhatrashibir/; „Bangladesh revokes ban imposed on main Islamic party by ex-PM Hasina“, Reuters, 28. August 2024, https://www.reuters.com/world/asia-pacific/bangladesh-revokes-ban-imposed-main-islamic-party-by-ex-pm-hasina-2024-08-28/ (abgerufen am 16. März 2025).